Sozialraumorientierung

Sozialräume sind Orte, wo Menschen leben, handeln und sich begegnen. Ein Sozialraum kann ein Dorf, ein Stadtteil oder ein Quartier sein. Soziale Medien, Internetforen und Netzwerkspiele haben sich in den letzten Jahren zu digitalen Sozialräumen entwickelt. Sozialraumorientierte Jugendarbeit richtet ihre Angebote auf Sozialräume aus.

Theoretisch basiert die sozialraumorientierte Soziale Arbeit auf dem Konzept der «Lebensweltorientierung», welches zu Beginn der Achtzigerjahre von Hans Thiersch entwickelt wurde. Die Sozialraumorientierung erweitert das psychologisch-pädagogische Wissen der Sozialen Arbeit mit Arbeitsweisen aus anderen Disziplinen wie der Soziologie, der Stadtentwicklung oder der Ökonomie. Ulrich Deinet hat mit seinen fünf Aneignungsdimensionen (siehe unten) eine Praxistheorie für die sozialräumliche Kinder- und Jugendarbeit entwickelt.

Die Offene Jugendarbeit arbeitet vielerorts nach dem sozialräumlichen Ansatz. Weniger verbreitet ist die Sozialraumorientierung in der kirchlichen und verbandlichen Jugendarbeit.

Fünf Aneignungsdimensionen

Spannend vor allem für die Offene Kinder- und Jugendarbeit sind die fünf Aneignungsdimensionen nach Ulrich Deinet. Er bezieht sich dabei auf Arbeiten der sog. kulturhistorischen Schule der Psychologie (Wygotski, Leontjew u.a.), von Martha Muchow (Stadtteilbegehungen in den 1930er-Jahren), von Helga Zeiher (Inselmodell), von Martina Löw (Raumsoziologie) oder von Jürgen Markowitz (Aneignung in Situationen).

a. Aneignung als Erweiterung motorischer Fähigkeiten
Umgang mit Gegenständen, Werkzeugen, Materialien, Medien.
b. Aneignung als Erweiterung des Handlungsraumes
Nutzung neuer Räume. Schaffung von Möglichkeitsräumen.
c. Aneignung als Veränderung von Situationen
Veränderung des Themas, des Umfeldes oder des Handlungskontextes.
d. Aneignung als Verknüpfung von Räumen
Gleichzeitiger Aufenthalt in unterschiedlichen Räumen (lokal und digital).
e. Aneignung als Spacing
Eigenes Schaffen von Räumen durch Selbstinszenierung in Nischen oder auf Bühnen.

Für die Offene Kinder- und Jugendarbeit kann das Aneignungskonzept als Praxistheorie dienen. Konkret heisst das, dass ein Team möglichst viele ungeplante Situationen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zulassen muss, damit Kinder und Jugendliche die Möglichkeit zur Aneignung von Räumen, Gegenständen oder Situationen haben.

Texte

Neu Das Aneignungskonzept als Praxistheorie für die Soziale Arbeit.
Ulrich Deinet. Online auf socialnet.de (2014).
sozialraum.de/...

Neu Vom Aneignungskonzept zur Activity Theory.
Ulrich Deinet. Bonn: socialnet Materialien (2014).
Externer Download...

Dokumente

Reibungspunkte im öffentlichen Raum.
Ivica Petrušić, Aurel Greter. OKAJ Fokus. OKAJ Zürich (2020).
Download...

OKJA im ländlichen Raum: Herausforderung und Chance.
infoAnimation Nr.42 (09-2017).
Download...

Urban Country - Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt, in der Agglomeration und auf dem Land
infoAnimation Nr.26 (04-2012).
Download...

Jugendliche im öffentlichen Raum
infoAnimation Nr.19 (12-2009).
Download...

Tipp! Sozialräumliche Perspektiven
infoAnimation Nr.11 (04-2007).
Download...

Literatur

NEU
Fabian Kessl, Christian Reutlinger (Hrsg.)
Sozialraum: Eine elementare Einführung.
Springer VS, 2022.
WERBUNG Bei amazon.de kaufen...

Heike Herrmann (Hrsg.)
Soziale Arbeit im Sozialraum: Stadtsoziologische Zugänge.
W. Kohlhammer, 2018.
WERBUNG Bei amazon.de kaufen...

Michael Noack
Kompendium Sozialraumorientierung: Geschichte, theoretische Grundlagen, Methoden und kritische Positionen.
Beltz Juventa, 2015.
WERBUNG Bei amazon.de kaufen...

Ulrich Deinet.
Sozialräumliche Jugendarbeit: Grundlagen, Methoden und Praxiskonzepte.
VS Verlag, 2011. (3. Auflage)
WERBUNG Bei amazon.de kaufen...

Richard Krisch.
Sozialräumliche Methodik der Jugendarbeit: Aktivierende Zugänge und praxisleitende Verfahren.
Weinheim: Juventa, 2008.
WERBUNG Bei amazon.de kaufen...

Institutionen

sozialraum.de (Online-Journal zu sozialräumlichen Konzepten)
sozialraum.de